Donnerstag, 24. September 2009



An Freundlichkeit fehlt es selten in Kathmandu, dieser Stadt, die stets irgendwie nervt und trotzdem stets begeistert. Wir sollen es doch beim "Big Ben" versuchen, die Standard Charter Bank habe soeben eine Ladung erhalten, sagt uns der nette Wachmann vor dem Guest House. Wir fahren hin, doch auch hier ist nichts: alle Geldautomaten sind leer, keine Rupies weit und breit. Nepal erlebt seine eigene kleine Finanzkrise, vom Cash Crunch sprechen die Zeitungen, die Banken haben kein Bargeld mehr. Das trifft sich gut, denn die Tankstellen haben auch kein Benzin mehr - oder zumindest zuwenig, denn überall bilden sich lange Schlangen. Der Grund ist Dashain, das wichtigste Hindu-Festival, das bald beginnen wird oder schon begonnen hat, so genau weiss man das nicht. Jedenfalls werden tausende Ziegen geschlachtet, die kosten Geld und das will nun jeder abheben. Vielleicht hat auch die Zentralbank geschlampt, es gibt nun eine Untersuchungskommission, die der Sache auf den Grund gehen soll. Und es gibt Hoffnung: Eine Ladung frisch gedrucker Rupies ist per Schiff von Frankreich unterwegs unbd kurz vor Kalkutta gesichtet worden. Und die Noten wrden nun eingeflogen statt per Zug transportiert.


Nach zwei Tagen haben wir doch noch einen gefüllen Automaten erwischt, es reicht zwar noch nicht, um auf dem Trekking durchzukommen, doch sonst knabbern wir halt schon zu beginn unsere Dollar-Reserven an. Und es ist sonst weit und breit kein anderes Problem in Sicht. Flug problemlos, Kathmandu voller Leben, Trubel und Lärm, wir nehmen's ruhig und lassen uns treiben. Swayambunath und Boudnath, die beiden grossen buddhistischen Stupas sind direkt ruhig gegen das Gewühl in den Hindu-Tempeln, wo die Festlaune täglich  steigt und die Ziegen ihrem traurigen Schicksal entgegen sehen.

Der Verkehr ist mörderisch wie eh und je, doch Kathrin verwandelt die Schweine-grippe-Masken flugs in einen patenten Staubschutz. Tim nimmt's erstaunlich gelassen, die Menschenmassen können ihm nichs anhaben und er geht nur ein klein bisschen schüchtern auf die Leute zu. Anpassen müssen wir uns trotzdem, denn er interessiert sich für ganz andere Dinge als Kathrin und ich: die Geckos an den Leuchtreklamen, die jungen Hunde, die am Durbar Square verauft werden, einen Ziegelstein um den Hals gebunden, damit sie nicht weglaufen. Er spekuliert, ob sein Taschengeld wohl reichen würde....Und in Patan, der gloriosen, mit Tempeln übersäten Köngisstadt aus dem 17. Jahrhundert, faszinieren ihn die Drachen der Kinder bedeutend mehr als alle noch so prächtig verzierten Bauwerke. Kein Problem, das ändert den Blickwinkel und kann nicht schaden, Und wenn es darum geht, im Tempel Butterlämpchen anzuzünden, ist er  stets dabei. Toll, wir sind angekommen, fühlen uns wohl und zufrieden und freuen uns auf den grossen Himalaya-Treck, die frische Luft, zwei Wochen ohne Verkehr und Hupen.


 

Die letzten Tage und Stunden

Der Countdown läuft. Die Arbeit ist erledigt, die Stellvertretungen geregelt und eingeführt. Langsam kommt das Reisefieber. Es sitzt tief in der Magengrube. Haben wir an alles gedacht? Nein, ein Handy für Tim fehlt noch. Unser Sprössling ist immer sehr unabhängig. Dies verträgt sich leider sehr schlecht mit den Millionenmetropolen wie Dehli, Hong-Kong etc.

Nur noch zwei Tage bis zum Abflug. Alles ist soweit geregelt. Die Rücksäcke stehen bereit, der Nachmieter wurde "instruiert", fehlt nur noch die die Hotelreservation in Guiyang, Ankunft 22 Uhr in einer chinesischen Stadt. Deshalb wohl besser etwas reservieren. Es funktioniert perfekt, bis auf die Bestätigung, die partout  nur auf chinesisch aus dem Printer kommen will. Oder ist es eine Mitteilung, dass die Buchung fehlgeschlagen ist?  ...Tja. Unsere Reise wir doch abenteuerlicher, als wir uns das vorgestellt haben. On verra.


Und bevor's wirklich losgeht, möchten wir uns noch ganz herzlich über die zahlreichen schriftlichen und mündlichen Abschiedswünsche bedanken. Sie haben uns sehr berührt!

Freitag, 11. September 2009

Startklar

"With effect from August 12, 2009, collection of visa applications and their delivery has been outsourced to VF Services Switzerland Limited". So steht es auf der Website der Embassy of India, Berne, Switzerland. Eine düstere Vorahnung durchzuckt mich, ich schaue auf die Uhr, es ist, wie könnte es anders sein, der 11. August, kur vor zwölf. Ein Telefon bestätigt es: "No, Sir, very sorry, wir akzeptieren nur noch Anträge, die bis heute mittag eintreffen". Also VF Services, selbstverständlich sind die Visa dort teurer, weil die Firma ja auch was verdienen möchte an der outgesourcten Staatsaufgabe. Und selbstverständlich haben die ganz andere Formulare als die bereits säuberlich ausgefüllten der Botschaft. Und andere - dem internationalen Standard angepasste - Vorschriften für die Passbilder. Diese müssen farbig sein, lachen veboten, Tim tut's trotzdem, und der Kopf muss mindestens zwei Drittel der Gesamtfläche einnehmen. Ich messe und rechne, das sollte reichen. Aber: "Photos of people wearing a mask will not be acceptable", steht da noch. Danke für den Hinweis, das hätte ich glatt vergessen....




Suresh hat die langen schwarzen Haare eingefettet, als wollte er darauf Fliegen fangen. Immerhin kleben sie schön am Kopf und fallen nicht auf den Kragen seines blütenweissen, frisch duftenden Hemdes. VF Services hat den ersten Tag geöffnet, und auch Suresh scheint das erste Mal am Computer zu sitzen. Sein Supervisor weist ihn etwas ungeduldig in die Geheimnisse des elektronischen Visa Erteilens ein. "Would you like express service, Sir? Only little more expensive". Ich lehne dankend ab, "Standard Service" genügt vollauf, denn auch so liegen die Visa fünf Tage später bereit. Suresh sitzt wieder dort und zieht die Dokumente strahlend aus der Schubalde. Ich zahle 340 Franken (inklusive alle Gebühren) und Suresh gibt mir dafür ein "Have a happy travel in India" mit auf den Weg. Willkommen in Indien: Viel Bürokratie, stets ein paar Komplikationen, alles gewürzt mit einer Portion Schlitzohrigkeit, aber voller Wärme und Herzlichkeit.

In China, das ist bekannt, ticken die Uhren ein wenig anders. Anstehen am Schalter, Dokumente durchreichen, ohne Kommentar erhält man einen Abholzettel überreicht und die Aufforderung, persönlich in drei Tagen wieder da zu sein. Das tue ich pflichtschuldigst, die Visa liegen bereit und werden mit strengem Blick überreicht. Ich erlaube mir die schüchterne Frage, ob es allenfalls ein Problem sein könnte, dass wir auf unserem Flug von Kathmandu nach Chengdu in Lhasa, Tibet, einen "technischen Stop" haben, aber keine Sonderbewilligung für die "Autonome Region Tibet", wie das in chinesichen Ohren zu heissen hat. Die Frau am Schalter runzelt die Stirn und stellt die Lage umgehend klar. "This is not your problem. The authorities will tell you what to do". Auch eine Möglichkeit, jemanden willkommen zu heissen.

Vielleicht ist es also ganz gut, dass wir auf unserer Reise zuerst ein Land besuchen, das eingeklemmt zwischen China und Indien liegt, den beiden asiatischen Giganten: Nepal, das kleine Himalaya-Land, das sich erst vor kurzem von der Monarchie zur Demokratie gemausert hat. Hier erhält man die Visa bei der Einreise direkt am Schalter, sie sind billig und Kinder sind gratis. Ein gutes Omen....

Technisch gesehen sind wir also bereit, die Visa sind da, die Tickets bestätigt, zur Probe gepackt haben wir auch, und siehe da: es hat alles Platz. Nur unsere Gedanken kreisen immer noch um die letzten Details, die es zu erledigen gilt. Wo sind die Hausschlüssel, die wir unserem Mieter geben wollen, werden die Papaya-Tabletten, die uns zu beginn vor rumpelnden Mägen schützen sollen, tatsächlich wirken? Und wer kann unsere Auto-Nummern beim Strassenverkehrsamt in den Container werfen?

Soeben erhalte ich von Ang Kami ein SMS, dem Sherpa, der uns Führer und Träger für das Annapurna-Trekking organisiert. Ob ich den Artikel über ihn im "Bund" gelesen habe, über seine Arbeit im "Golderli" auf der Griesalp, wo Kami derzeit als Kellner arbeitet. Am 15. September werde er zurück nach Kathmandu fliegen, und er freue sich, uns dort zu sehen. Wir auch.