Freitag, 11. September 2009

Startklar

"With effect from August 12, 2009, collection of visa applications and their delivery has been outsourced to VF Services Switzerland Limited". So steht es auf der Website der Embassy of India, Berne, Switzerland. Eine düstere Vorahnung durchzuckt mich, ich schaue auf die Uhr, es ist, wie könnte es anders sein, der 11. August, kur vor zwölf. Ein Telefon bestätigt es: "No, Sir, very sorry, wir akzeptieren nur noch Anträge, die bis heute mittag eintreffen". Also VF Services, selbstverständlich sind die Visa dort teurer, weil die Firma ja auch was verdienen möchte an der outgesourcten Staatsaufgabe. Und selbstverständlich haben die ganz andere Formulare als die bereits säuberlich ausgefüllten der Botschaft. Und andere - dem internationalen Standard angepasste - Vorschriften für die Passbilder. Diese müssen farbig sein, lachen veboten, Tim tut's trotzdem, und der Kopf muss mindestens zwei Drittel der Gesamtfläche einnehmen. Ich messe und rechne, das sollte reichen. Aber: "Photos of people wearing a mask will not be acceptable", steht da noch. Danke für den Hinweis, das hätte ich glatt vergessen....




Suresh hat die langen schwarzen Haare eingefettet, als wollte er darauf Fliegen fangen. Immerhin kleben sie schön am Kopf und fallen nicht auf den Kragen seines blütenweissen, frisch duftenden Hemdes. VF Services hat den ersten Tag geöffnet, und auch Suresh scheint das erste Mal am Computer zu sitzen. Sein Supervisor weist ihn etwas ungeduldig in die Geheimnisse des elektronischen Visa Erteilens ein. "Would you like express service, Sir? Only little more expensive". Ich lehne dankend ab, "Standard Service" genügt vollauf, denn auch so liegen die Visa fünf Tage später bereit. Suresh sitzt wieder dort und zieht die Dokumente strahlend aus der Schubalde. Ich zahle 340 Franken (inklusive alle Gebühren) und Suresh gibt mir dafür ein "Have a happy travel in India" mit auf den Weg. Willkommen in Indien: Viel Bürokratie, stets ein paar Komplikationen, alles gewürzt mit einer Portion Schlitzohrigkeit, aber voller Wärme und Herzlichkeit.

In China, das ist bekannt, ticken die Uhren ein wenig anders. Anstehen am Schalter, Dokumente durchreichen, ohne Kommentar erhält man einen Abholzettel überreicht und die Aufforderung, persönlich in drei Tagen wieder da zu sein. Das tue ich pflichtschuldigst, die Visa liegen bereit und werden mit strengem Blick überreicht. Ich erlaube mir die schüchterne Frage, ob es allenfalls ein Problem sein könnte, dass wir auf unserem Flug von Kathmandu nach Chengdu in Lhasa, Tibet, einen "technischen Stop" haben, aber keine Sonderbewilligung für die "Autonome Region Tibet", wie das in chinesichen Ohren zu heissen hat. Die Frau am Schalter runzelt die Stirn und stellt die Lage umgehend klar. "This is not your problem. The authorities will tell you what to do". Auch eine Möglichkeit, jemanden willkommen zu heissen.

Vielleicht ist es also ganz gut, dass wir auf unserer Reise zuerst ein Land besuchen, das eingeklemmt zwischen China und Indien liegt, den beiden asiatischen Giganten: Nepal, das kleine Himalaya-Land, das sich erst vor kurzem von der Monarchie zur Demokratie gemausert hat. Hier erhält man die Visa bei der Einreise direkt am Schalter, sie sind billig und Kinder sind gratis. Ein gutes Omen....

Technisch gesehen sind wir also bereit, die Visa sind da, die Tickets bestätigt, zur Probe gepackt haben wir auch, und siehe da: es hat alles Platz. Nur unsere Gedanken kreisen immer noch um die letzten Details, die es zu erledigen gilt. Wo sind die Hausschlüssel, die wir unserem Mieter geben wollen, werden die Papaya-Tabletten, die uns zu beginn vor rumpelnden Mägen schützen sollen, tatsächlich wirken? Und wer kann unsere Auto-Nummern beim Strassenverkehrsamt in den Container werfen?

Soeben erhalte ich von Ang Kami ein SMS, dem Sherpa, der uns Führer und Träger für das Annapurna-Trekking organisiert. Ob ich den Artikel über ihn im "Bund" gelesen habe, über seine Arbeit im "Golderli" auf der Griesalp, wo Kami derzeit als Kellner arbeitet. Am 15. September werde er zurück nach Kathmandu fliegen, und er freue sich, uns dort zu sehen. Wir auch.

















3 Kommentare:

  1. Hallo Kathrin, Lorenz und Tim

    Ihr habt ja eine abenteuerliche Reise vor Euch, gerne lese ich in Eurem Blog und es zieht mich mit allen Haaren auf Reisen, stattdessen bin ich halbkrank (keine Schw...) bei der Arbeit. Bei uns fehlen viele Mitarbeiter wegen Ferien und so sind Ursula und ich alleine, sozusagen ist Ursula auch halbwegs.... Ich wünsche Euch allen eine gute Weiterreise, keine Krankheiten und immer genügend Geld in der Tasche zum weiterreisen. Liebe Grüsse Andrea Manser

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  2. Liebe Katrin, Lorenz und Tim
    das ist ja ne Menge Lesestoff, welche da auf mich wartet, dementsperechend die Vorfreude aufs lesen......Ich hoffe, die Geheimpillen wirken weiter und euch allen gehe es gut.!
    Liebste Grüsse -bis bald!
    Doris

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  3. Liebe Blogleser, liebe Familie
    Wie ich soeben über Skype von Kathrin (zZ. in China) erfahren habe, darf der Blog erst wieder
    in Indien (Delhi,ab 19.11.09)weiter mit Erlebnissen geschrieben werden.
    Auch auf diesem Weg grüsse ich Kathrin,Lorenz und Tim - häbet Sorg u bliebed g'sund - herzlichst, OPA, PS: freue mich riesig auf die Fortsetzung!

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